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Die Bedeutung des jüdischen Handels für das ländliche Leben in Borgholz – Die Geschichte der Familie Löwenstein

Die Familie Löwenstein in Borgholz steht sinnbildlich für die große Bedeutung jüdischer Händler für die ländliche Infrastruktur und Wirtschaft. Ihre Geschichte ist geprägt von wirtschaftlichem Engagement, gesellschaftlicher Integration und schließlich von Verfolgung und Zerstörung durch das nationalsozialistische Regime.

Wirtschaftliche Verflechtung und gesellschaftliches Engagement

Seit Generationen betrieb die Familie Löwenstein ein Kaufhaus für Mode- und Manufakturwaren, das bis 1918 auch im Getreidehandel tätig war. Rückverfolgt bis 1820, war das Geschäft tief in der Dorfgemeinschaft verwurzelt. Die Löwensteins lieferten Waren in umliegende Dörfer, nahmen Bestellungen auf und brachten durch ihre Kontakte in Modezentren „die Welt der Mode aufs Land“.

Neben ihrer Rolle als Händler waren die Löwensteins aktive Mitglieder der Dorfgemeinschaft. Sie kauften lokal bei Bäckern, Schneidern und Fleischern ein und engagierten sich gesellschaftlich: als Schriftführer und Kassenwart der Freiwilligen Feuerwehr oder im Vorstand des Kriegervereins.

Diskriminierung und Boykott

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann auch für die Löwensteins eine Zeit der Ausgrenzung und wirtschaftlichen Zerstörung. Bereits in den 1920er Jahren gerieten sie durch die Inflation in Schwierigkeiten. Der Boykott jüdischer Geschäfte ab dem 1. April 1933 verschärfte ihre Lage weiter. Ab diesem Zeitpunkt fehlen jegliche Einkünfte in den erhaltenen Unterlagen der Familie.

Enteignung und Deportation

Im Zuge der nationalsozialistischen Politik wurde das Geschäft der Löwensteins 1939 durch die Industrie- und Handelskammer in „arische“ Hände überführt. Der Familie wurde ein Wohnrecht bis spätestens Januar 1940 eingeräumt, jedoch unter der Auflage, Zwangsarbeit zu leisten.

Am 10. Dezember 1941 wurden Albert Löwenstein, seine Frau Hildegard und ihr Sohn Edgar aus ihrem Haus in Borgholz deportiert. Mit nur 50 Kilogramm Gepäck und Handwerkszeug wurden sie zur Sammelstelle in der ehemaligen Gaststätte „Kyffhäuser“ in Bielefeld gebracht. Dort verbrachten sie drei Tage unter unmenschlichen Bedingungen, bevor sie mit einem Zug nach Riga deportiert wurden.

Das Rigaer Ghetto und die Vernichtung

Nach drei Tagen Fahrt erreichten die Löwensteins das Rigaer Ghetto. Ihre Habe, sorgfältig gepackt, wurde beschlagnahmt und zurück ins Reich transportiert. Im Ghetto, das durch vorherige Massenmorde an lettischen Juden geleert wurde, mussten sie unter unmenschlichen Bedingungen leben. Albert Löwenstein, seine Frau Hildegard und ihr Sohn Edgar wurden im Ghetto Riga ermordet.

Erinnerung und Mahnung

Die Stolpersteine in Borgholz erinnern uns an die Geschichte der Familie Löwenstein, zeigt die zentrale Rolle jüdischer Kaufleute für das ländliche Leben und die brutale Konsequenz von Antisemitismus und Diskriminierung. Sie erinnern daran, dass wirtschaftliche und soziale Verflechtungen nicht vor Ausgrenzung und Verfolgung schützen konnten. Ihr Schicksal ist ein Mahnmal, das zu Toleranz und Gedenken aufruft.

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